Soziologin: Fast die Hälfte der Alleinerziehenden ist armutsgefährdet
Alleinerziehende brauchen laut der Soziologin Heidi Flarer die Unterstützung der Gesellschaft. Sie seien deutlich mehr von Armut bedroht.
In Südtirol leben gut 9.000 Erwachsene mit mehr als 15.000 Kindern und Jugendlichen als sogenannte Ein-Eltern-Familien. Die Plattform für Alleinerziehende feiert heuer ihr 30-jähriges Bestehen. Die zunehmende Zahl der Alleinerziehenden ist ein Zeichen des gesellschaftlichen Wandels, sagt die Soziologin Heidi Flarer. Die allermeisten, nämlich 82 Prozent der Alleinerziehenden, sind Frauen.
Armutsgefährdete Alleinerziehende
Ihr größtes Problem, ist laut Flarer, die für ihren Vergleich Zahlen des Statistikinstituts Astat ausgewertet hat, die Armutsgefährung. “Etwa 17 Prozent der gesamten Haushalte in Südtirol sind armutsgefährdet. Dagegen steigt die Zahl bei Alleinerziehenden – also in einem Haushalt mit nur einem Elternteilt – auf 45 Prozent”, sagt Flarer. Das reiche Südtirol steht nicht besser da, als der europäische Durchschnitt. Für die Berechnung wird das sogenannte Äquivalenzeinkommen herangezogen. Das ist ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen je Haushaltsmitglied, erklärt Flarer. “In Südtirol sind die Alleinerziehenden die Gruppe mit dem niedrigsten Äquivalenzeinkommen, recht dicht gefolgt von Familien mit drei oder mehr Kindern.”
Flarer: Falsche Alleinerziehende “absolute Ausnahme”
Und was ist mit sogenannten falschen Alleinerziehenden? Also Paaren, mit zwei getrennten Wohnsitzen, die sich Alleinerziehend erklären, um an Beiträge der öffentlichen Hand zu gelangen? Die scheinen laut den Astat-Zahlen die absolute Ausnahme zu sein, denn sonst müsste die Armutsgefährung geringer sein, sagt die Soziologin. “Diese Armutsgefährung ergibt sich nach dem Sozialleistungstransfer”, sagt Flarer.
Flarer: Alleinerziehende brauchen Unterstützung
Was also tun? Flarer bemüht das afrikanische Sprichwort, wonach es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind groß zu ziehen. “Alleinerziehende sind einfach Personen, die eine gewisse Zeit lang vom Leben Unterstützung brauchen“, sagt Flarer. Und wenn die gesellschaftliche Entwicklung so weiter geht wie bisher, dann wird es immer mehr solcher Ein-Eltern-Familien geben, die die Unterstützung ihres Dorfes brauchen.
Quelle: RAI TGR 23.03.2024