Der Ex zahlt nicht – und das Land knausert
Deeg begründet die bisher nicht erfolgte Erhöhung damit, dass die im Sozialbereich zur Verfügung stehenden Mittel nicht unbegrenzt seien. Ihre vorgeschlagene Anhebung sei deshalb noch nicht möglich gewesen. „Sie ist aber sicher wichtig und als weitere Maßnahme unbedingt anzudenken“, meint Deeg. Zudem habe das Land ja die Familiengelder erweitert und verbessert, Bonuszahlungen geleistet zur Abfederung der hohen Energie- und Heizspesen, das soziale Mindesteinkommen sowie die 1. Stufe des Pflegegeldes erhöht. Ebenso sei nun eine Aufstockung des Landeskindergeldes für Familien mit Kindern mit Beeinträchtigung beschlossen worden.
ASGB-Chef Tony Tschenett betont: „Auch eine Erhöhung von 100 Euro pro Monat beim Unterhaltsvorschuss reicht nicht mehr aus – da müsste man weit mehr machen.“
Wenn der Ex-Partner kein Geld mehr überweist, dann fehlt Müttern nicht nur der monatliche Unterhalt: Sie müssen sämtliche Spesen allein tragen, für die der Ex-Partner eigentlich die Hälfte übernehmen müsste wie etwa Ausgaben für Zahnarztrechnungen und für Zahnspangen, Mitgliedschaften des Kindes in Vereinen, Teilnahme an Kursen oder Schulausflügen. Allein die Kosten für eine Zahnspange schlagen bekanntlich mit mehreren 1000 Euro zu Buche. Dabei müssen diese Mütter noch dazu auch oft die gesamte Erziehungsarbeit völlig alleine leisten. Der Ex-Partner überlässt die gesamte Arbeit und die gesamten Kosten für das Kind der Mutter.
Für diese Mütter kommt aber noch ein weiterer Nachteil hinzu: Das Land zahlt den Unterhaltsvorschuss für Kinder von säumigen Ex-Partnern nur aus, bis die Kinder 18 Jahre alt sind – danach nicht mehr. Studiert der Sohn oder die Tochter, dann muss wiederum die Mutter schauen, wie sie das Geld dafür aufbringt. Eigentlich müsste der Ex-Partner und Vater auch das Studium der Kinder mitfinanzieren – aber zahlt er nicht mehr, dann springt auch das Land nicht ein.
Josefa Brugger fordert deshalb, dass das Land den Unterhaltsvorschuss nicht nur für die Zeit, bis die Kinder 18 Jahre alt sind, ausbezahlt, sondern auch für die Zeit des Studiums. Auch die Vorsitzende des Landesbeirats für Chancengleichheit und Rechtsanwältin, Ulrike Oberhammer, spricht sich dafür aus: Der Vorschuss sollte länger ausbezahlt werden, wenn ein Jugendlicher ab 18 Jahren studiert oder eine Ausbildung absolviert. „Uns wird erzählt, dass manche Jugendliche sonst nicht studieren. Da sollte es keine Ungleichbehandlung geben“, meint Oberhammer. Die Rechtsanwältin wäre zudem dafür, dass der Unterhaltsvorschuss zumindest an die Inflation angepasst wird. Ein großes Problem sei, dass auch die Unterhaltszahlungen, die vom Gericht anerkannt werden, trotz Inflation nicht sonderlich erhöht worden seien – im Gegenteil.
2022 wurden in Südtirol 642 Anträge um einen Unterhaltsvorschuss gestellt – für 1001 Kinder (siehe Grafik). Dafür hat das Land 2,26 Millionen Euro bereitgestellt. Den Vorschuss für alle um 100 Euro monatlich zu erhöhen, würde das Land pro Jahr nur einige 100.000 Euro kosten – und käme über 600 Familien zugute. Die umstrittenen Nachhaltigkeitstage („Sustainability Days“) im September 2022 schlugen mit stolzen 2,4 Millionen Euro zu Buche. So werden sich viele alleinerziehende Mütter nun wohl fragen, warum gerade bei ihnen gespart werden muss.