Das Leid mit den außerordentlichen Spesen

von Dr. Alexa Pobitzer

Fast jeder Elternteil, der getrennt vom anderen Elternteil des gemeinsamen Kindes lebt, muss sich früher oder später (und manchmal auch immer wieder) mit den anfallenden außerordentlichen Spesen für das Kind herumschlagen.

Dabei betrifft es beide Elternteile: Die einen ärgern sich, weil diese Spesen nicht oder nur teilweise bezahlt werden, und die anderen, weil sie für Dinge zur Kasse gebeten werden, die sie eigentlich gar nicht zahlen müssten. Und selbst bei denjenigen, bei denen alles wie am Schnürchen klappt, gestaltet sich die regelmäßige Abrechnung aufwendig.

 

Wie kann man dem Abhilfe schaffen, was kann man erleichtern?

 

  1. Unterscheidung zwischen ordentlichen und außerordentlichen Kosten:

 

Zunächst ist es wichtig, die Kosten zu sortieren. Was sind ordentliche Unterhaltszahlungen und was hingegen außerordentliche Spesen?

Der ordentliche Unterhaltsbeitrag ist ein monatlicher Fixbetrag, den der Elternteil, bei dem das Kind vorwiegend untergebracht ist, vom anderen Elternteil erhält und der als Beitrag zu den „Standard“-Kosten eines Kindes, wie Kost, Logis und Pflege des Kindes, dient. Der ordentliche Unterhalt wird der Inflation angepasst und muss deshalb jährlich aufgewertet werden, für die Berechnung siehe dazu https://astat.provinz.bz.it/Revaluation.aspx?lang=de

 

Wird der ordentliche Unterhalt nicht bezahlt, kann man aufgrund des Rechtstitels (Urteil oder Dekret) eine Zwangsvollstreckung einleiten oder, sofern die Voraussetzungen bestehen, auch die Zahlung über die Unterhaltsvorschussstelle der Autonomen Provinz Bozen (https://www.provinz.bz.it/de/dienstleistungen-a-z.asp?bnsv_svid=1013594) beantragen.

 

Außerordentliche Spesen hingegen sind die Spesen, die das Kind betreffen, aber nicht regelmäßig anfallen und nicht mit Sicherheit vorhersehbar sind. Dabei wird im Urteil oder Dekret festgelegt, in welchem Ausmaß die Eltern diese Spesen übernehmen müssen: z.B. 50-50%, 70-30%, 100%.

 

Es gibt leider keine einheitliche Aufstellung, auf die man zurückgreifen kann, Hilfe bietet jedoch das Einvernehmensprotokoll zwischen dem Landesgericht Bozen und der Nationalen Beobachtungsstelle für Familienrecht/Sektion Bozen (Einvernehmensprotokoll TEDu ITA Massnahmen Unterhalt 06092018.pdf (ordineavvocati.bz.it)):

 

Demnach zählen zu den ordentlichen Kosten, also jenen Kosten die vom ordentlichen Unterhalt gedeckt sind:

 

–          Verpflegung, Unterkunft, grundlegende Versorgungsleistungen, Bekleidung, Pflege und persönliche Hygiene des Kindes

–          Freizeitbeschäftigung, die das Kind allein (z.B. Kino, Feiern, allfällige Geschenke, gesellige Tätigkeiten) oder mit dem Elternteil ausübt, bei dem das Kind vorwiegend untergebracht ist,

–          Schulmensa

–          Medikamente, die ohne Rezept erhältlich sind,

–          Transportkosten für den Stadtverkehr (z.B. Abo +)

–          Spesen für eintägige, von der Schule organisierte Lehrausflüge etc.

Als außerordentliche Spesen gelten hingegen:

 

 

1.      Arztspesen: im nicht vom öffentlichen Gesundheitssystem gedeckten Ausmaß und sofern vom Kinderarzt/Hausarzt verschrieben, Apothekenspesen und therapeutische Leistungen mit ärztlicher Verschreibung, Zahnarztkosten, Zahnspange (sofern aus medizinischen Gründen notwendig), Sehbrillen/Kontaktlinsen …

2.      Schulspesen: Kinderhort/Tagesmutter, Kindergarten, Schulspesen, Ausbildungsgebühren und –abgaben, Lehrbücher, Unterkunft und Nebenkosten am Sitz der Universität, Nachhilfekurse, Privatstunden, besonders aufwendiges Schul- und Lehrmaterial (z.B. Computer), Schultasche zu Schuljahresbeginn, spezielle Ausstattung, Transportspesen vom und zum Universitätssitz ……

3.      Außerschulische Spesen: Spesen für sportliche, künstlerische, Erholungs- und Unterhaltungstätigkeit und dazugehörige Ausstattung und Bekleidung; sommerliche Erholung- und Gruppenaufenthalte, Spesen für den Erhalt des Führerscheins, Reisen und Urlaube, die das Kind allein verbringt.

 

 

Die Möglichkeit, für die außerordentlichen Spesen der Einfachheit halber ebenso einen monatlichen Pauschalbetrag vorzusehen, schließt der Gesetzgeber, außer in Ausnahmefällen, aus. Das Ziel der Unterscheidung liegt nämlich genau darin, dass beiden Eltern das Recht zuerkannt wird, die entsprechenden Entscheidungen für das Kind gemeinsam zu treffen.

Gegen diesen Grundgedanken ist auch nichts einzuwenden, leider arten die Diskussionen rund um die Notwendigkeit der außerordentlichen Spesen häufig aus und das Wohl des Kindes tritt in den Hintergrund. Vermutlich gibt es auch deshalb zuletzt vermehrt Urteile, die besagen, dass die Zustimmung des anderen Elternteiles gar nicht mehr notwendig ist, sofern die Ausgabe im Interesse des Kindes ist und der finanzielle Aufwand dafür für das Familienbudget tragbar erscheint.

 

  1. …. und wenn die Kosten nicht bezahlt werden?

 

Bei den außerordentlichen Spesen gestaltet sich die Eintreibung leider schwieriger als bei den ordentlichen Unterhaltsbeiträgen. Die Rechtsprechung ist nämlich der Auffassung, dass dafür ein eigener Rechtstitel erwirkt werden muss. Im Klartext bedeutet das, dass nicht einfach die Zwangsvollstreckung eingeleitet werden kann, sondern vorab nochmals eine Entscheidung des Richters notwendig ist, der den Betrag, der geschuldet ist, festlegt (z.B. in Form eines Mahndekretes). Dagegen kann der Schuldner natürlich Widerspruch einlegen.

 

Daher folgende Alltagstipps:

 

Weil der Aufwand für die Eintreibung aufwendiger ist, folgende Tipps:

 

  • Unterscheiden Sie selbst vorab zwischen ordentlichen und außerordentlichen Kosten und übermitteln Sie dem anderen Elternteil nur jene Spesen, die tatsächlich außerordentlicher Natur sind.
  • Sprechen Sie die Ausgabe VORAB mit dem anderen Elternteil ab!
  • Sollte die Kommunikation schwierig sein, holen Sie sich das Einverständnis des anderen Elternteils vorab SCHRIFTLICH ein, z.B. über WhatsApp. Dabei kann folgende Formulierung hilfreich sein: Unser Kind möchte von … bis…. einen Schwimmkurs machen. Dieser kostet Euro ………… Wenn ich innerhalb von 3 Tagen keine schriftliche Antwort auf diese SMS erhalte, gehe ich davon aus, dass du damit einverstanden bist.
  • Machen Sie eine detaillierte Abrechnung! Der Elternteil, der zur Zahlung verpflichtet ist, hat ein Anrecht darauf, alle entsprechenden Rechnungen und Bestätigungen zu erhalten.
  • Bestenfalls warten Sie mit der Abrechnung nicht zu lange, am einfachsten ist es, die Spesen immer gleich bei Fälligkeit aufzuteilen.
  • Sollte der Gang zum Rechtsanwalt/Rechtsanwältin notwendig sein, ist auch hier eine genaue Aufstellung nützlich und hilft Kosten einzusparen.